Tierschutzwelt und Little-Animals

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4.Advent, Türchen 21: Die Lasten der anderen tragen…

von Hannelore Rodrian

3. Januar 1889: Ein Mann umarmt ein Pferd und weint. Es ist ein eleganter Mann. Mit Schnauzer, Goldbrille und seidengefüttertem Paletot. Das Pferd ist ein Droschkenpferd und steht eingespannt am Stand auf der Piazza in Turin. Der Mann hängt dem Tier am Hals und schluchzt ganz jämmerlich. Leute bleiben stehen und stoßen sich an, Gaffer glotzen, Kinder kichern. Was ist passiert? Der Kutscher hat den Gaul geprügelt und der Mann ist hinzu gelaufen und hat das misshandelte Tier umarmt. Statt den Kutscher zu prügeln.

Vielleicht wäre er dann nicht wahnsinnig geworden….

  Vielleicht sind sie die vom Menschen am meisten ausgebeuteten Tiere der Erde. Vor Pflug, hochbeladene Wagen oder Kutschen gespannt, als Lasttiere, zur Jagd oder im Krieg eingesetzt, oder den Göttern geopfert – ein Leben ihrer Art gemäß führen konnten sie wohl nicht mehr, seit der Mensch sie sich zum eigenen Nutzen gefügig gemacht hat.

Aber so wenig wert wie heute waren sie wohl noch nie, denn anders kann ich mir die Vielzahl an Schlachttransporten, die gesunde, noch junge, teilweise sogar trächtige Pferde buchstäblich wie auf Schinderkarren quer durch Europa zu den billigsten Schlachthöfen karren, nicht erklären. (jährlich rund 11.000 deutsche Pferde!)

Gar nicht erst zu reden von den „Reiterhöfen“ wo zappelnde Kinder auf den durchgerittenen Rücken der Ponys Runden drehen – immer dieselben.

Oder die Miniponys, für kleine Mädchen angeschafft und dann jahrelang vergessen bis zu den Knien im Dreck stehend – davon kann nicht nur Claudia ein langes, trauriges Lied singen.

Und last but not least – der unselige Reit-und Springsport…

Und die Esel? Die trugen immer schon Lasten, die vergleichsweise nur noch die Ameisen bewältigen – nur dass die freiwillig schleppen.

Hungrig, durstig, unterernährt und struppig, unglaubliche Bürden auf den kleinen Rücken, ziehen sie der Wege, die nicht die ihren sind, mit der sprichwörtlich gewordenen Geduld der Esel.

Aber vielleicht ist es nicht Geduld, sondern nur noch Hoffnungslosigkeit.

Im August ging ein Glühwürmchenkurier herum, der vom Esel Alfredo berichtete, der 23 Jahre in Isolation verbracht hatte, mutterseelenallein auf einem ca. 40 qm großen Gehege im Schatten, unter Bäumen. Kein Gras, keine Sonne, kein Auslauf, keine Gesellschaft, nur ernährt von Küchenabfällen.

Zwei Jahre kämpften Karin Weiß und ihr Mann  mit Behörden und uneinsichtigen Besitzern bis Alfred im August 2014 zur Eselsbrücke Vogtland reisen durfte – und voll kindlichem Entzücken sein neues, unbekanntes Leben in Augenschein nahm, wo jeder Sonnenstrahl, jeder Grashalm ein umwerfendes Erlebnis für ihn war.

http://www.eselsbruecke-vogtland.de/

Und da dachte ich immer Eselelend gäbe es nur weit weg von hier…

Um ein anderes Wesen zu verstehen,
musst du in ihm leben, bis in seine Träume hinein.

Indianische Weisheit

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